Glykole als Lösemittelersatz

 

"Lösemittelfreie" Farben und Kleber ?

Siehe auch Link:

EGGBI Informationssammlung zu Glykolen und Glykolethern

Richtwerte unter anderem für Glykolether und Glykolester in der Innenraumluft (Umweltbundesamt) 

NIK- Werte für Bauprodukte (Umweltbundesamt, Anhang, Position 6 Glykole)

Zahlreiche Produkte werben mit der Aussage "lösemittelfrei" und beziehen sich dabei auf die Technische Regel für Gefahrstoffe:

Zitat:

Es gilt für die in der Prüfkammer zu bestimmenden Emissionen in Anlehnung an DIN ISO 16000 folgende Definition:

VOC: alle Einzelstoffe im Retentionsbereich C6 (Hexan) – C16 (Hexadecan)
SVOC: alle Einzelstoffe im Retentionsbereich C16 (Hexadecan) – C22 (Docosan)

Auf dieser Definition beruhen z.B. das AgBB-Schema für die bauaufsichtliche Zulassung des DIBT und die Einstufungskriterien der GEV für den Emicode.

Eine engere Lösemitteldefinition findet man z.B. in der europäischen Farben- und Lackverordnung (Decopaint RL 2004/42/EG) oder in der TRGS 617 (Ersatzstoffe für stark lösemittelhaltige Oberflächenbehandlungsmittel für Parkett und andere Holzfußböden). In diesen Fällen gelten als Lösemittel lediglich flüchtige organische Stoffe mit einem Siedepunkt < 250°C.

Abweichend davon werden nach TRGS 610 (Ersatzstoffe für stark lösemittelhaltige Vorstriche und Klebstoffe für den Bodenbereich) lediglich flüchtige organische Stoffe mit einem Siedepunkt < 200°C als Lösemittel betrachtet. Jedoch ist diese Richtlinie nicht für Lacke sondern nur für Vorstriche und Klebstoffe anzuwenden.

Welche Definition man auch betrachtet, für das Emissionsverhalten – und darum geht es bei der Raumlufthygiene - sind stets alle flüchtigen organischen Verbindungen maßgeblich. Die unterschiedlichen Siedepunkte bewirken, dass die Lösemittel unterschiedlich schnell aus dem Lackfilm an die Raumluft abgegeben werden. Während die niedriger siedenden VOC anfangs eine hohe Emission mit steiler Abklingkurve zeigen, führen die höher siedenden SVOC mit einer flacheren Abklingkurve zu einer länger anhaltenden Raumluftbelastung. Der Austausch von VOC durch SVOC mit dem Ziel, eine lösemittelfreie Lackformulierung zu suggerieren, ist somit für die Raumlufthygiene kontraproduktiv und führt darüber hinaus aufgrund der verzögerten Lackhärtung zu längeren Wartezeiten bis zur Nutzbarkeit der Räume nach einer Neuverlegung oder Renovierung von Parkettböden. Aussagen wie „lösemittelfrei“ oder „Zero VOC“ führen in die Irre, sofern definitionsgemäß nur ein Teil der für die Emissionen verantwortlichen Stoffe berücksichtigt wird. In diesem Fall bedeutet lösemittelfrei in der Tat nicht frei von Lösemitteln. Quelle

 

Einige hochsiedende Glykolverbindungen mit Siedepunkten über 200°C werden seit einigen Jahren besonders gerne in Klebern für Bodenbeläge verwendet. Der Grund: im Oktober 1994 wurde die Technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS) Nr. 610 überarbeitet. In diesem Regelwerk, welches die Anforderungen der Gefahrstoffverordnung im Detail formuliert, werden als Lösemittel kurzerhand nur noch solche Chemikalien definiert, deren Siedepunkt unter 200°C liegt. Hersteller von Bodenbelagsklebern, deren Produkte z.B. 3 % der Glykolverbindung 2-Phenoxyethanol (EGMP) enthalten (Siedepunkt: 245°C), dürfen diese als "lösemittelfrei" bewerben. Wer einen solcherart "lösemittelfreien" Kleber verwendet, hat anschließend häufig ein Problem: Räume, in denen vor mehr als drei Monaten Auslegeware mit solchen Klebern verlegt worden war, wiesen nach eigenen Messungen Raumluftkonzentrationen bis zu 400 µg/m³ 2-Phenoxyethanol auf.  (Quelle Alab-Berlin; Glykole)

 

Bedeutet lösemittelfrei auch "frei von Lösemitteln?" 

 

Technische Regeln für Gefahrstoffe TRGS 610

Lösemittel im Sinne dieser TRGS sind flüchtige organische Stoffe sowie deren Mischungen mit einem Siedepunkt ≤ 200°C, die bei Normalbedingungen (20°C und 101,3 kPa) flüssig sind und dazu verwendet werden, andere Stoffe zu lösen oder zu verdünnen, ohne sie chemisch zu verändern. 

 

 

 

 

 

 

 

Gesundheitsrisiken durch Glykole

In einer Publikation von EHP (Environmental Health perspectives) vom 14.10.2016

Pränatale Glykolether und Neurocognitive Fähigkeiten bei 6-jährigen Kindern -  die PELAGIE Cohort Study (PDF Version)

veröffentlichen die Verfasser Ergebnisse von Untersuchungen an Schwangeren und deren Kindern.

Sie untersuchten die Beziehung zwischen Konzentration im Urin von GE (Glykolether) Metaboliten  bei Schwangeren und neurocognitive Fähigkeiten bei  ihren 6-jährigen Kinder in der PELAGIE Mutter-Kind - Kohorte.

Prenatal Urinkonzentrationen von zwei GE Metaboliten führten zu niedrigeren Indexwerten "verbales Begreifen"  jeweils bei den Kindern im Alter von sechs Jahren. 


Phaa ist der primäre Metabolit von 2-Phenoxyethanol (EGPhE = Ethylenglykolmonophenylether), die üblicherweise in der Kosmetik gefunden wird, und Vorläufer von EAA (Ethoxyessigsäure) werden in Reinigungsmitteln eingesetzt.

Die Verfasser verweisen auf den weiteren Forschungsbedarf, da es bisher kaum umfassende wissenschaftliche Studien  zu den gesundheitlichen Auswirkungen von längerfristigen Glykolbelastungen  (in Wohnräumen, Schulen, Kitas, Arbeitsplätzen) gibt.  

 

Bereits vor längerem konnte das UFZ Leipzig auch bereits Zusammenhänge zwischen VOC Belastungen während der Schwangerschaft und erhöhter Allergieanfälligkeit der Kinder in einer ähnlichen Kohortenstudie nachweisen. (Bauen für Allergiker)

 

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Glykole in Gebäuden

Glykolbelastung in Kindergärten

"Im Hausener Kindergarten gibt es erneut Schadstoffe in der Luft. Das hat ein Gutachten ergeben, das zwei Wochen nach der Auswechslung des belasteten Parkettbodens in Auftrag gegeben wurde. Demnach wurde nun eine erhöhte Konzentration von Glycol-Derivaten im Parkettlack festgestellt." (Südwestpresse/Goeppingen: "Erneut Schadstoffe im Kindergarten" Art: 5565,252345) 

 

"Denn es stinkt gewaltig weiter aus den Böden der Kita in Kornelimünster, die anscheinend nach einer neuerlichen Sanierung chemische Stoffe wie Glykole, Naphthaline und diverse Benzolester ausdünsten sollen." Pressebericht

 

Glykolbelastung in Bürogebäude:

In einem viel beachteten Beitrag in der Zeitschrift  "umwelt-medizin-gesellschaft" (Ausgabe 3/2012)  berichtet der Umweltmediziner  Dr. med. Peter Germann, Worms über einen konkreten "Schadensfall" in einem Bürogebäude  "Glykolbelastungen in einem Bürogebäude".


Verursacht durch einen Bodenbelagskleber bekamen 75 % der insgesamt 130 Mitarbeiter in einem neu errichteten Bürogebäude massive gesundheitliche Beschwerden (Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Augenbrennen, Augenschmerzen, deutlicher Leistungsabfall bei sportlichen Betätigungen).

Bei einer Raumluftmessung konnten erhöhte Belastungen durch Dyethylenglykolmonobutyletheracetat (DEGMBA)   und Dyethylenglykolmonobutylether (DEGMB) festgestellt werden - ebenso wie im Urin der Betroffenen erhöhte Glykolmetabolite nachgewiesen werden konnten.

Nach einer Gesamtexpositionszeit von 18 Monaten zogen die Mitarbeiter zurück ins alte Gebäude -nach dem Umzug verschwanden die Symptome nach ca. 3 bis 6 Wochen.

Der Autor bedauert in seinem Beitrag, daß es  gerade bei dieser Substanzklasse keine Daten zur inhalativen Belastung - geschweige denn zu Folgen von Langzeitexpositionen gibt.


Siehe auch Link (MIssbildung bei Baby als Folge der Bürobelastung?).

 

Glykolbelastung in Kita:

AACHEN. Ein Stoff, der nicht eine Kindertagesstätte gehört, ist an der Alfons-Gerson-Straße in Kornelimünster identifiziert worden.

Sanierung offenbar erfolglos: In der Kita müffelt es wieder
Die Analyse von Raumluftmessungen, die am 13. August stattgefunden haben, hat nämlich ergeben, dass zumindest in einem Gruppenraum erhöhte Werte der Glykolverbindung EGBE (Ethylenglycolmonobutylether) zu verzeichnen sind. Die farblose Flüssigkeit mit schwach etherischem Geruch wird als Lösungs- und Verdünnungsmittel verwendet, sie zersetzt sich bei Erhitzung und setzt dabei beißende und reizende Dämpfe sowie Wasserstoff frei. Seit zwei Jahren klagen Erzieherinnen und Kinder über einen stechenden Geruch, dazu über Kopfschmerzen, tränende Augen, Schwindelgefühle und Unwohlsein.

Pressemeldung 30.08.2013

Pressemeldung 29.08.2013 

Glykole in Schulen

Manche Forschungsberichte sind nur schwer erhältlich?  

EGGBI versuchte beispielsweise lange vergeblich, Informationen zu einem Forschungsprojekt aus 2009 - ursprünglicher Projektzeitraum: 2005 bis 2006, dann aber verlängert bis 2008(?) - 

der Universität Erlangen zusammen mit dem bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit mit dem Thema

"Belastungen der allgemeinen Bevölkerung mit Glykolen und Glykolethern" von der Universität zu erhalten. 

Schreiben an die Universität mit der Bitte um Informationen (!) blieben jahrelang unbeantwortet.

Inzwischen erhielt ich allerdings vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit den Schlussbericht zugesandt – leider befasste sich die Studie nicht  ergebnisorientiert für das Bauwesen mit Langzeit - Auswirkungen von Glykolbelastungen in der Raumluft durch Bauprodukte/Farben.

 

Grundsätzlich bitte ich nach wie vor meine "Homepage" Besucher, mir Informationen zur Thematik zur Verfügung zu stellen. 

 

Konträre Stellungnahmen gibt es unter anderem auch im Hinblick auf den Blauen Engel:

Während die  - natürlich eingeschränkte - "Toleranz" von Glykolen durch den Blauen Engel  in manchen Stellungnahmen teilweise auch heftig kritisiert wird, 

z.B.:

https://web.archive.org/web/20220119091257/http:/typo3.biomess.de/index.php?id=glykol

äußern sich andere Institutionen  "beruhigend" für  die Verbraucher.

z.B.:

http://www.wohnen-sie-gesund.de/schadstoff-abc/g/glykole/  

Zu beachten ist bei der Wertung solcher "Internetaussagen" stets der Verfasser bzw. Betreiber der Homepage (und dessen Nähe zur Industrie) - meist ersichtlich aus dem jeweiligen Impressum.

 

Das Europäische Umweltzeichen "natureplus" beschreibt in den Kriterien eindeutig: 

Beispiel:

Vergaberichtlinie 0602 Innenwandfarben auf mineralischer Basis Version: Juni 2015

Dem Produkt dürfen folgende Stoffe nicht zugesetzt werden:

• Weichmacher (im Sinne der VDL-RL 01)

Glykolverbindungen

• APEO's (Alkylphenolethoxylate)

• Halogenorganische Verbindungen

• Zinnorganische Verbindungen

• Azofarbstoffe, die krebserzeugende Amine abspalten

• Biozide, die nicht der Topfkonservierung dienen (Filmkonservierungsmittel)

• Halogenierte Isothiazolinone

• Formaldehydabspalter 

https://nplusr.ampad-app.de/public/guidelines/de/0701.pdf

 

 

Auch das IBO in Wien listet die Glykole als  Schadstoffe in Beschichtungsmitteln auf:

"Für Beschichtungsmittel vor allem von Relevanz sind 

• VOC, hier mit Lösungsmitteln gleichzusetzen,

• SVOC, also hochsiedende Verbindungen, das  sind hier oft Glykole und deren Verbindungen,

• Formaldehyd und Formaldehydabspalter sowie Isothiazolinone als Konservierungsmittel,

• Schwermetalle als Farbpigmente und Trocknungsbeschleuniger,

• Fungizide gegen Schimmelbefall 

• und APEOs, das sind Alkylphenol-Ethoxylate, die als Emulgatoren eingesetzt werden." 

Siehe dazu:

"Schadstoffarme Farben"

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Über "fundierte" Stellungnahmen zu dieser Thematik freue ich mich. Grundsätzlich sieht EGGBI auch bei diesem Themenkreis für die Beratung aus "präventiver Sicht" ein absolutes Minimierungsgebot.

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Disclaimer und Datenschutz-Hinweis

 

 

 

Aktuelle Beiträge und auch Termine zum Thema "Wohngesundheit"

mit Diskussionsmöglichkeit

präsentieren wir auf unserer Facebook Seite

"Europäische Gesellschaft für gesundes Bauen und Innenraumhygiene"

 

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2023

1.12.2023

Fachtagung 

Forschung - Werkstoff - Technik- Sachverständigenwesen

Wirtschaftsgesellschaft des Bayerischen Maler- und Lackierhandwerks mbh

1.12.2023 Nürnberg.

Themen u.a.: Schadstoffbelastungen in Wohnräumen und deren "Sanierung" (J. Spritzendorfer)

 

24.09.2023

Masterkurs "Architektur und Umwelt"

Präsenzveranstaltung "Bauen im Bestand" (Neuss)

24.09.23 EGGBI Präsentation: "Bauprodukte- Einsatz - Qualitätsmanagement und Dokumentation"

(Link zur Präsentation - nur für Teilnehmer, wird am 25.09.2023 freigeschaltet)

 

 

3. bis 6. Oktober 2022

44. Jahresfachtagung VDSI Fachbereich Hochschulen und wissenschaftliche Institutionen

mit Beiträgen zu Gebäudeschadstoffen und deren Auswirkungen (5.Oktober 2022)

Programm

 

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20.05. bis 03.6.2022

 

Online Kongress 

 

14 Tage kostenlose online - mehr Informationen zur Veranstaltung

43 Experten berichten über ihre teils unterschiedlichen Erfahrungen und Arbeitsschwerpunkte  in einem breiten Spektrum von Fachthemen.

Kostenlose Anmeldung

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18.09. bis 20.09.2021

Masterkurs "Architektur und Umwelt"

Präsenzveranstaltung "Bauen im Bestand" (Neuss)

20.09. EGGBI Präsentation: "Bauprodukte- Einsatz - Qualitätsmanagemant und Dokumentation"

(Link zur Präsentation - nur für Teilnehmer)

 

 

 

 

 

 

 

Allgemeine Termine

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Berufsverband deutscher Baubiologen VDB

Baubiologie-Termine

___________________________ 

Institut für Baubiologie und Nachhaltigkeit IBN

Seminare Termine

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Verband Baubiologie VB

Seminare - Termine

___________________________

Interdisziplinäre Gesellschaft für Umweltmedizin e.V

Veranstaltungen

___________________________

AGÖF (Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute)    

Veranstaltungen

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Umweltbundesamt          

Veranstaltungen-Termine

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IBO - Österreichisches Institut für Baubiologie und Bauökologie

Veranstaltungen und Kongresse

 

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MCS + CFS - Initiative NRW e.V.

 

Fraunhofer-Institut für Holzforschung  - Wilhelm-Klauditz-Institut WKI

Veranstaltungen 

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04.06.2020

 

Donnerstag, 04. Juni 2020
Um 10:00 Uhr, Dauer: 30 Minuten

 

Energieeffizienz und Wohngesundheit – ein Widerspruch? 

 

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06.11.2019

„Energieeffizienz in Nicht-Wohngebäuden in Bulgarien“

"Energieeffizienz und gesundes Raumklima ein Widerspruch? Erfahrungen und Tendenzen" (EGGBI)

Vortragsreihe für eine bulgarische Delegation

Programm/ 06.11.2019 Mannheim

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Archiv

 

 

Archiv

 

Veranstaltungsarchiv bis 2019

Eine Reihe der hier angegebenen Veranstaktungslinks sind zwischenhzeitlich nichtg mehr verfügbar.

 

Veranstaltungsort Neuss; Veranstalter WINGS Fernstudium an der Universität Wismar

Bauen im Bestand - Präsenzveranstaltung mit Vorlesungen zu den Themen Schadstoffe, Baubiologie, human toxikologische Bewertung von Schadstoffen, Bauprodukte: Einsatz, Qualitätsmanagement und Dokumentation (EGGBI)   Programm

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